Fachtag 2017 zu neuen Drogentrends

„Horror aus der Tüte“
Was man gegen die „Legal Highs“ tun kann – Aufmerksame Elten

PAPPENHEIM (ps) – Auch der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen bleibt nicht verschont von den neuen Entwicklungen auf dem Drogenmarkt.
Zu dieser Erkenntnis kamen die rund 90 Teilnehmer am Ende eines Fachtages, den der Verein „Präventionswegweiser e.V.“ im Bildungszentrum Pappenheim veranstaltet hat. Beleuchtet wurden dabei die Drogenproblemati bei Jugendlichen und neue Ansätze in der Präventionsarbeit.
Der statistische Hintergrund: In Bayern hat sich die Zahl der Drogentoten in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt. 312 Menschen starben im Jahr 2016 an Heroin, Kokain, Crack und anderen Drogen. Dabei gingen 98 Todesfälle auf sogenannte „Legal Highs“ zurück. „Die neuen psychoaktiven Substanzen“, berichtete der Treuchtlinger Polizeichef Dieter Meyer, „sind oft schwer oder kaum nachzuweisen und werden permanent in großer Zahl neu entwickelt.“ „Legal Highs“ suggerierten, dass sie legal hergestellt, erworben und konsumiert werden dürfen. Dem Bundeskriminalamt sind allein aus dem Jahr 2015 mehrere Hundert Sachverhalte bekannt, bei denen es im Zusammenhang mit dem Konsum von Legal
High-Produkten und anderen „cannabinoiden Mitteln“ zu schweren, mitunter lebensgefährlichen Intoxikationen kam.
Dennoch sind „Legal Highs“ vor allem bei Kids und Jugendlichen auf dem Vormarsch. Die meist jugendlichen Konsumenten mussten mit Kreislaufversagen, Ohnmacht, Psychosen, Wahnvorstellungen bis hin zum Ausfall vitaler Funktionen medizinisch oder notfallmedizinisch behandelt werden. „Das Experimentieren“ mit Drogen ist typisch für das Jugendalter“, lautete das Statement im Impulsreferat. Der Konsum findet heute nicht nur im Privaten, sondern auch immer häufiger auch im schulischen Umfeld statt. Das größte Problem dabei sei nicht zuletzt der unproblematische Zugang zu den bunten Tütchen, die unter so harmlos klingenden Namen wie „Kräutermischung, Badesalz, Dünger,Räuchermischung etc.“, daherkom-
men. „Diese neuen synthetischen Stoffe mit cannabisähnlichen Wirkungen sind mitverantwortlich dafür, dass der Drogenkonsum auch bei uns im
Landkreis angestiegen ist“, weiß Meyer. Auch weil man sie „heutzutage
im Internet fast so leicht wie ein Buch kaufen“ könne. Deshalb sei die Tendenz
weiterhin steigend.
Der „Horror aus der Tüte“ muss also längst nicht mehr in dunklen Straßenecken erworben werden, sondern kommt mit dem Postboten ins Haus.
Und nicht selten sogar bis ins Kjnderzimmer. Seit November 2016 gibt es zwar ein neues Gesetz, das auch den Umgang mit den neuen psychoaktiven Stoffen verbietet, doch nicht selten reichen Veränderungen in den Stoffgruppen, um die Strafbewehrung auszuhebeln. Allein 2015 wurden mehr als 560 neue synthetische Mischungen festgestellt. „Legal Highs können extrem hohe und insbesondere unberechenbare Wirkungen haben“, bestätigte auch Professor Norbert Wodarz von
OCT Um Regensburg in seinem Referat „Der Konsum kann zu schweren le-
bensgefährlichen, bizarren Psychosen, Vergiftungen und Wahnvorstellungen
führen.“
Welche Maßnahmen wirken? Welche präventiven Maßnahmen man gegen die „Legal Highs“ ergreifen kann? Eine einfache und eindeutige Antwort konnte auch der Fachtag nicht geben, ließen die Diskussionsbeiträge erkennen. „Prävention muss
eigentlich schon sehr früh einsetzen“, meinte beispielsweise Edith Veiten-
gruber-Durst, die Vorsitzende des Vereins „Präventionswegweiser“. Die
Aufmerksamkeit der Eltern sei in jeder Lebensphase wichtig, vor allem
wenn sich Kinder und Jugendliche mit der Erwachsenenwelt auseinandersetzen und Grenzen ausloten wollten. Im Zusammenhang mit Drogen müsse man Prävention vielleicht neu denken. Statt Abstinenz zu predigen, könnte es ein Weg sein, die „kontrollierte Genussfähigkeit“ zu üben. Die fünf Workshops mit unterschiedlichem Themenansatz konnten zumindest dazu beitragen, dem heterogen besetzten Fachpublikum Anregungen mit auf den Weg zu geben.

Quelle: Weißenburger Tagblatt vom 11.07.2017