20 Lehrkräfte unseres Landkreises aus 10 verschiedenen Schulen bildeten sich mit dem vom „Europäischen Haus Pappenheim“ entwickelten Sprach-Notarzt-System an der Mittelschule Weißenburg aus. Finanziert wurde dieses Seminar für Lehrkräfte vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) und vom Präventionswegweiser e.V. Die enorme Nachfrage hat gezeigt, dass es an passenden Unterrichtsangeboten mangelt und die Lehrkräfte bislang mit viel Eigeninitiative versuchen, die Sprachbarrieren zu überwinden.

Vermehrt werden Kinder und Jugendliche ohne jegliche Deutschkenntnisse auf Regelschulen verteilt. Die Lehrerinnen und Lehrer an den Grund- und Mittelschulen geben ihr Bestes, stehen aber vor einem unlösbaren Dilemma, weil sie gleichzeitig den Regelunterricht aufrecht erhalten müssen. Der Spagat im Schulalltag ist schon ein Kraftakt, weil es an vielen Ecken und Enden fehlt (Stichworte: Inklusion, Ganztag). Das, was der BLLV zu Beginn des Schuljahres hinsichtlich der knappen Lehrerzuteilung mahnend prognostiziert hatte, ist mittlerweile leider auch so eingetreten.

Personelle Unterstützung bei der Bewältigung der Sprachdefizite vieler Schülerinnen und Schüler, die aus anderen Ländern zu uns kommen: Leider Fehlanzeige! Der BLLV-Landesverband hat erst vor kurzem einen umfangreichen Forderungskatalog präsentiert, in dem detailliert beschrieben ist, was die Schulen brauchen, um jungen Flüchtlingen bzw. Kindern mit Sprachförderbedarf besser helfen zu können. Dieser Antrag wurde im Haushaltsausschuss allerdings abgelehnt.

Nun ist der Kreisverband Weißenburg des BLLV durchaus kritisch, aber in hohem Maße als konstruktiver Verband bekannt, der nicht nur Forderungen stellt, sondern sich stets aktiv einbringt. Der Kreisverband Weißenburg weiß, was in den Klassenzimmern fehlt. Das hat sich auch bei der Organisation der Fortbildung „Sprach-Not-Arzt Deutsch“ sehr deutlich gezeigt. Der BLLV-Vorsitzende Markus Scharrer, der gleichzeitig auch Beisitzer beim hiesigen „Präventionswegweiser“ ist, hatte seine Vorstandskollegen schnell auf seiner Seite:„Wir möchten ein Zeichen für die vielen Flüchtlinge und die Zuzüge aus anderen Ländern setzen und unsere Lehrkräfte unterstützen.“ Beide Verbände finanzieren das Seminar, welches von Prof. Dr. Joachim Grzega, Claudia Sand und Sandra Schweihofer aus dem „Europäischen Haus Pappenheim“ entwickelt wurde. Eine weitere finanzielle Unterstützung von offiziellen Stellen hat es leider nicht gegeben.

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Auf dem Foto (BLLV): Links der Lehrgangsleiter Prof. Dr. Joachim Grzega Rechts der Organisator des Seminars BLLV-Kreisvorsitzender Markus Scharrer

Das Seminar führt Lehrkräfte in die Sprach-Not-Arzt-Methode ein. Dabei erwerben die Lerner ihre Kenntnisse mit einer wissenschaftlich erprobten speziellen Lehrtechnik und einem ausgeklügelten Bilder-System. In wenigen Tagen lernen sie die Wörter und Grammatik-Bausteine für die wichtigsten Bereiche der neuen Lebenssituation. Das Fortbildungsseminar war kurz nach Veröffentlichung im November schon völlig überbucht. Alle Anfragen konnten gar nicht berücksichtigt werden. Die Notwendigkeit einer derartigen Veranstaltung wurde auch dadurch deutlich, dass aus fast allen Nachbarlandkreisen und bis aus Altötting Nachfragen dazu kamen. Mit 20 Teilnehmern aus 10 verschiedenen Schulen unseres Landkreises zeigt sich, dass diese Problematik flächendeckend auch in Altmühlfranken angekommen ist und sich wohl noch verschärfen wird, wenn einmal über die künftige Beschulung von Asylanten nachgedacht werden muss. Ein hoher Anteil an Teilnehmern bestand aus Lehrkräften der Mittelschule Weißenburg, an der 17 Kinder ohne Kenntnisse deutscher Sprache unterrichtet werden. Alles noch keine Asylanten, die Zahl könnte also durchaus steigen. Vier weiteren Kindern versuchen die hiesigen Lehrkräfte mit dem qualifizierenden Schulabschluss in „Deutsch als Zweitsprache“ einen erfolgreichen Weg in die Zukunft zu ermöglichen.

Nach 10 Stunden schweißtreibender Fortbildungsarbeit stand das Resumee der Teilnehmer fest: Das Sprach-Notarzt-Programm ist ein überzeugendes und wirkungsvolles Instrument, das einen wertvollen Beitrag zur Integration von Menschen ohne Deutschkenntnisse leisten kann. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist aber, dass an den Schulen ausreichend Stunden für dieses Projekt zur Verfügung gestellt werden, die nicht gleich wieder für Krankheitsvertretungen abgezogen werden müssen.

Auf dem Foto (BLLV):
Links der Lehrgangsleiter Prof. Dr. Joachim Grzega
Rechts der Organisator des Seminars BLLV-Kreisvorsitzender Markus Scharrer